Schattenschlag

June 12, 2025

Los Angeles war laut, schlaflos und voller Menschen, die es eilig hatten. Jordan hatte das früher sehr geliebt, aber mittlerweile fühlte er sich, als hätte er nicht mehr dazugehören. Jeden Tag in seinem Job als Ermittler für Mordfälle zog ihn tiefer in ein Loch aus Frustration und Depression und nahm auch jedes Mal ein Stück von ihm weg. Die Leichen, die Tatorte und die brutalen Tötungsarten, mit denen er immer konfrontiert wurde. Er konnte kaum schlafen, weil ihn die Leichen in seinen Träumen verfolgten, ass unregelmässig und hatte den Kontakt mit alten Freunden verloren.

Sein letzter Fall hatte ihn fast vollständig gebrochen, eine Familie, die in ihrem eigenen Haus brutal ermordet wurde- darunter ein zweijähriges Kind. Jordan hatte die Tatortbilder immer noch vor seinen Augen und konnte die schreckliche Szene nicht vergessen. Er fragte sich, ob er mit seinem Beruf etwas verändert hatte oder ob all das Geld an Ende wichtiger als seine psychische Gesundheit war. War es alles wert? Die schlaflosen Nächte? Der Alkohol? Er dachte an seine Kindheit zurück. Damals, als er ein MMA-Champion sein wollte, wie sein Held Anderson Silva. Doch das Leben hatte andere Pläne für ihn. Als seine Eltern in einem Autounfall starben, musste er allein die Rechnungen zahlen. Er hatte in diesem Job Frieden gesucht, aber jetzt wusste er, dass er sich langsam verloren hatte.

An diesem Morgen, als er seine Wohnung verliess, spürte er, dass etwas falsch war. Vielleicht war es der Alkohol, oder vielleicht war es ja doch, dass ihm in Erkenntnis kam, dass er das nicht so weiter machen konnte. Am Flughafen blieb er einen Moment vor den grossen Glasfenstern stehen und sah, wie jeder Mensch hektisch am Laufen war. Das Ticket nach Miami lag schwer in seiner Hand. War das die Lösung für alles? Einfach von allem wegfliegen?

Jordan sass im Flugzeug und starrte verloren aus dem Fenster. Der Regen fiel an die Fenster als die Wolken im Himmel donnerten. Er hatte genug von seiner Arbeit. Er jagte jahrelang Verbrecher, schrieb Berichte und sah Leichen, immer wieder. Er wusste nicht, ob der Stress von ständigen Reisen kam oder von der psychischen Belastung durch die Tatorte, aber in letzter Zeit fühlte sich alles Falsch an.

«Alles in Ordnung?» fragte der Mann, der neben sass. Er war muskulös, hatte schöne dicke Haare und er strahlte Ruhe aus.

«Ja schon gut», murmelte Jordan zurück und kehrte zurück zum Fenster.

«Du siehst aber nicht fröhlich aus»

Jordan antwortete zurück: «Bin ich ja auch nicht.»

Der Mann gab ein kleines Lächeln und betrachtete ihn fragend. «Was würdest du tun, wenn du deinen Hektischen Leben verlassen könntest?»

Jordan antwortete uninteressiert: «Ich hätte wahrscheinlich gekämpft, da es mein Traum war ein Kämpfer zu sein.»

«Hmm, Kämpfen?»

«Ja MMA, ich habe das früher trainiert. War gar nicht mal so schlecht.»

Der Mann lächelte und sagte: «Dann tu es einfach.»

Jordan lachte bitter: «So einfach ist es auch nicht.»

«Doch. Es ist dein Leben. Du hast die volle Kontrolle! Nur du kannst etwas in deinem Leben verändern.»

Jordan wollte ihm zurück antworten, doch dann kam die Durchsage, dass sie gleich landen werden. Als er aus dem Fenster zurückblickte, war der Mann verschwunden. Verwundert begann er durch das Flugzeug nach dem Mann zu suchen aber ohne Erfolg.

Miami wartete auf ihm mit sonnigem und hellem Himmel. Mit schweren Schritten verliess er die Ankunftshalle. Doch etwas war anders. Die Worte des Mannes hallten sich in seinem Kopf. Was hielt ihn aber davon ab, das auszuprobieren? War es die Angst vor dem Scheitern?

In den folgenden Wochen begann Jordan, seine Gewohnheiten zu ändern. Statt nach Arbeit auf Sofa zu verfaulen, ging er ins Gym. Er trainierte hart. Lernte, wie man hinfällt und wieder aufsteht. Mit jedem Schlag auf den Boxsack kam er seinem Ziel näher, seine inneren Dämonen zu besiegen. Doch es war nicht einfach, die ersten Tage waren schlimmer als die Hölle. Sein Körper schmerzte, der Schmerz in seinen Muskeln war fast unerträglich. Doch er machte weiter, er konnte nicht aufgeben. Bald schon lernte er neue Techniken wie sein Held gemacht hatte und begann sich stärker und selbstbewusster zu fühlen. Sein Selbstvertrauen wuchs.

Jeden Morgen begann er der Tag mit einem Lauf durch die dunklen Strassen. Danach badete er in eiskalten Wasser. Er trainierte, ernährte sich gesünder und fand eine Art von Struktur in seinem Leben, die ihm lange gefehlt hatte.

Die Kollegen bemerkten die Veränderung. Jordan war ruhiger und fokussiert geworden, trank weniger und lachte viel mehr. Er fand den Frieden, nachdem er jahrelang gesucht hatte. Bald schon nahm er in kleinen lokalen Turnieren teil, nicht, um zu gewinnen, sondern sich selbst zu beweisen, dass er noch kämpfen konnte. Er gewann trotzdem.

Doch sein alter Job liess ihn nicht los. Immer wieder erreichten ihn Nachrichten von seinen ehemaligen Kollegen – ein neuer Fall, ein ungelöster Mord, immer wieder die Versuchung, zurückzukehren. Er ignorierte es lange bis ein Fall auftauchte, der ihm wichtig war. Eine Serie von Angriffen auf junge Kinder[AM1] [AM2] [AM3] , alle mit Spuren von Kampfsporttraining. War es Zufall? Oder doch nicht? Jordan wusste es nicht. Doch als eines Nachts spät die Turnhalle verliess und eine dunkle Gestalt in einer Gasse sah, wusste er, dass er etwas machen musste. Er folgte der Gestalt lang und endlich treibt ihn in die Ecke

Eines Abends, nach einem besonderen harten Trainingseinheit, setzte er sich auf einer Bank in Umkleidekabine. Er war müde, aber zufrieden. Dann fiel sein Blick auf dem Spiegel. Er bekam Gänsehaut.

Der Mann aus dem Flugzeug schaute ihn an. Aber dieses Mal war es nicht jemand anderes. Es war er selbst.

Er hatte sich verwandelt. Sein Gesicht war definierter, seine Augen klarer. Die Schatten der Vergangenheit schienen nicht mehr.     

Er fuhr sich langsam mit der Hand über das Gesicht. Ein Zittern in seinen Fingern. Dann lachte er- leise, aber frei. Endlich verstand er. «Du hast es geschafft, Jordan», murmelte er zu sich selbst.

Jordan erkannte, dass die Stimme, die ihm motiviert hatte, war niemand anders als Ihm selbst. Er hatte einfach nie zugehört. Sein grösster Feind war er selbst, aber jetzt wusste er, dass er auch sein grösster Freund sein konnte. Mit einem tiefen Atemzug stand er auf und verliess er die Umkleidekabine. Draussen war es dunkel, aber für ihm begann ein neuer Tag.